Flugphysik

Priorisierung umweltfreundlicher Auslegungskriterien

Für das Erreichen eines umwelt- und gesellschaftskompatiblen Luftverkehrs vereint das Luftfahrzeug Problemstellung und Lösungsmöglichkeit: einerseits verursacht das Flugzeug direkt die schädlichen Umweltwirkungen, andererseits aber ermöglicht gerade eine gezielte Auslegung der Flugzeugkonfiguration die Minimierung dieser Wirkungen. Die Herausforderung zur Auslegung umweltfreundlicher Konfigurationen liegt nicht nur in der Beherrschung und Integration von Einzeltechnologien, sondern im Finden des geeignetsten Kompromisses, der konkurrierende technologische Anforderungen bestmöglich miteinander verbindet in einer Weise, dass neben der Umweltschonung auch noch ein wirtschaftlicher Betrieb möglich ist. Hierzu werden für den zukünftigen Flugzeugentwurf Methoden benötigt, die sowohl multidisziplinäre Wechselwirkungen genau erfassen, d.h. auf physikalisch-technischen Grundprinzipien beruhen, als auch die ökonomischen und ökologischen Auswirkungen des Flugbetriebs wiedergeben können. Heutige Flugzeuge wurden hinsichtlich ihrer wirtschaftlichen Effizienz optimiert, wobei die Brennstoffeinsparung zur Senkung der Betriebskosten nur eines von vielen miteinander konkurrierenden Kriterien darstellt. Eine weitergehende Minimierung der Umweltwirkungen erfordert nun eine deutlichere Priorisierung umweltfreundlicher Auslegungskriterien.

Bildquelle: MTU

Minimierung von Widerstand und Gewicht zur Reduktion des Leistungsbedarfes

Die klimarelevanten Emissionen des Flugzeugs werden durch den Antrieb erzeugt. Der primäre Hebel zur direkten Verringerung dieser Emissionen besteht darin, den Leistungsbedarf des Antriebs drastisch zu reduzieren, d.h. in der Minimierung von Widerstand und Gewicht des Flugzeugs. Flugphysikalisch sind hierfür Flügel sehr großer Streckung zur Senkung des induzierten Widerstands und möglichst große Bereiche laminarer Strömung auf dem Flügel, den Leitwerken und auch dem Rumpf zur Senkung des Reibungswiderstands erforderlich. Die effiziente Integration derartiger aerodynamischer Technologien erfordert die spezifische Auslegung von Flugzeugkonfigurationen mit Flügeln sehr hoher Streckung und fensterlosen Kabinen zum Erreichen sehr großer Bereiche laminarer Strömung. Zusätzlich sind alle weiteren technischen Maßnahmen zur Widerstandsreduktion durch Kontrolle turbulenter Strömungen auszuschöpfen. Eine gezielte Umverteilung auftretender Lasten im Fluge zur Reduktion struktureller Belastungsgrenzen ermöglicht zusammen mit dem Einsatz neuartiger Werkstoffe und Bauweisen die Verringerung des Flugzeuggewichtes. Dieses erfordert die Echtzeit-Erfassung und Beherrschung aller im Fluge auftretenden Lasten durch geeignete Sensorik- und Aktuatorik-Systeme. Auch in Zukunft wird die weitere Reduktion des Strukturgewichtes eine zentrale Rolle spielen.

Fliegen mit Wasserstoff, Credit: DLR (CC BY-NC-ND 3.0)

Revolutionäre Flugzeugkonzepte werden möglich

Die Verbesserung des Vortriebswirkungsgrades ist direkt entscheidend für eine Verringerung der antriebsbedingten Emissionen. Elektrische und/oder hybrid-elektrische Antriebssysteme können Konzepte mit verteilten Antrieben und Grenzschichteinsaugung zur weiteren Steigerung des Vortriebswirkungsgrades ermöglichen. In einem Konzept der verteilten Antriebe könnten diese zusätzlich zum Vortrieb auch aerodynamische Effekte erzeugen, die den Flugzeugwiderstand mindern, Steuerflächen teilweise ersetzen sowie die Auftriebserzeugung aktiv unterstützen. Bei der Verwendung von Wasserstoff als nachhaltig erzeugtem Energieträger wird die Integration der großen Wasserstofftanks zu einer maßgeblichen Herausforderung, da die zusätzlichen Gewichte und Volumina den Gesamtwirkungsgrad der Flugzeugkonfiguration negativ beeinflussen. Technologien zur Widerstands- und Gewichtsverringerung kommt eine entscheidende Bedeutung zu, um die Vorteile der Wasserstoffnutzung nicht durch erhöhten Verbrauch wieder zunichte zu machen. Neuartige Lösungen können mittel- und langfristig einen attraktiven Lösungsweg aufzeigen, z.B. ein „Blended-Wing-Body“ mit seinem größeren – für eine Wasserstoff-Tankintegration – nutzbaren Volumen.

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